Freitag, 27. September 2013

Zweiräder

Zweiräder aller Art sind hier ein wichtiges Verkehrsmittel. Die Spanne reicht vom alten, klapprigen Fahrrad mit platten Reifen über moderne Roller und kleine Motorräder bis hin zu den klassischen Enfields. Die Zweiradfahrer sind m.E. die wahren Helden des nepalischen Straßenverkehrs. Voller Verachtung jeglicher Gefahren, so scheint es, stürzen sie sich in jede noch so kleine und plötzlich bietende Lücke im Verkehrsstrom.



























Fahrräder werden schon auch zum Fahren benutzt. Aber diese Art der Fortbewegung ist nur etwas für besonders leichtsinnige oder stoische Naturen. Zudem benötigt man einen Feinstaubfilter der höchsten Klasse, denn man fährt am Straßenrand und wird von allen anderen überholt, dabei mit Straßenstaub gepudert und von den alten Dieselbussen eingerußt. Zudem wäre ein Gehörschutz gut, da alle, die eine Hupe an ihrem Fahrzeug haben, diese auch unentwegt benutzen. Dabei haben wir den Eindruck, dass das ständige Hupen eher ein Ausdruck von Lebensfreude als ein Warnzeichen oder gar Ausdruck von Aggression ist. Man sieht und hört niemanden schimpfen, gestikulieren oder fluchen.



























Fahrräder werden aber auch sehr häufig zum Transportieren von Lasten benutzt oder sie dienen als mobile Verkaufsstände. Für den Verkauf von Kartoffeln z. Bsp. sind sie zusätzlich mit Waagen ausgestattet, die Apfel- und Bananenverkäufer haben besondere Körbe montiert, in denen das Obst kunstvoll aufgeschichtet wird.





























Hier noch weitere Beispiele für den Ideenreichtum und die gelungene Umsetzung. Wir sind immer wieder von der Vielfältigkeit fasziniert. So zeigt das erste der folgenden Bilder einen Eisverkaufsstand.



























Häufig sind auch Dreiräder zu sehen. Entweder zum Transport von Personen, die sogenannten Rikschas oder als Lastenräder. Die Rikschas sind meistens schön bemalt und bunt geschmückt, allerdings sieht man sie nur an den touristischen Sammelpunkten wie am Durbar Square in Kathmandu oder im Stadtviertel Thamel. Nepalis benutzen sie eigentlich nicht.




























Bei den motorisierten Zweirädern gibt es verschiedene Kategorien. Am Beginn der Rangordnung fahren die kleinen Roller, besetzt mit 1 bis 4 Personen. Diese Roller werden häufig auch von jungen Frauen bewegt. Gerne mit modischen, leichten Schläppchen an den Füßen. Inzwischen gibt es nur noch ganz vereinzelt Zweitakter, so dass das einzige wahrnehmbare Geräusch von diesen Fahrzeugen deren quäkendes Hüplein ist. In der Rangfolge darüber kommen dann die 100er bis 150er Kleinmotorräder, meistens Hondas oder indische Fabrikate. Sie stellen die meisten Teilnehmer im städtischen Straßenverkehr. Besetzt auch mit bis zu 4 Personen, d.h. der ganzen Familie. Aber auch kombinierter Lasten-Personentransport ist möglich. Kleine Bemerkung am Rande: Eine GS oder sonstige Enduro habe ich trotz teilweise katastrophaler Straßen hier bislang noch nicht gesehen. Ich überlege schon, wie es hier mit (m)einer RT zu fahren wäre. Meine Erfahrungen mit den russischen Landstraßen in diesem Sommer machen mich leichtsinnig oder mutig....




























Einen Helm trägt immer nur der Fahrer. Auf Nachfrage haben wir erfahren, dass nach der Einführung der Helmpflicht auch für Beifahrer die Überfälle und Handtaschendiebstähle durch vorbeifahrende Zweiräder enorm zugenommen haben. Daher wurde diese Pflicht wieder abgeschafft - mit dem Ergebnis, dass diese Delikte wieder stark abnahmen. Ganz oben in der Rangfolge der Zweiradhierarchie, aber auch am seltensten zu sehen, sind die einzylindrigen Enfield Bullets, indische Nachbauten ehemals britischer Maschinen aus der Kolonialzeit. Diese fallen durch ihren besonders tiefen und bollernden Klang auf. Für Albert und mich ein betörender Sound! Anne zeigt wenig Verständnis für unsere Bemerkungen dazu.



























Augenscheinlich benötigt man hier in Nepal einen Führerschein. Allerdings haben wir noch nie ein ausgewiesenes Fahrschulauto o.ä. gesehen. Wir werden versuchen, das Verfahren zu erfragen.


Was hier zum Zweiradfahren auch dazu gehört, sind die vielen Reparaturwerkstätten, die auch immer als solche zu erkennen sind. Die Ausstattung ist immer ähnlich, oft wird vor dem Werkstattgebäude am Straßenrand, inmitten des tosenden Verkehrs, geschraubt. Glaspaläste wie bei uns gibt es hier nicht, sehr selten sieht man markengebundene Werkstätten für die beliebten und robusten Motorräder aus Indien.



Aber es ist doch beruhigend zu wissen, dass man alle Arten von Reifen und Profilen hier bekommen kann. Die großen Drei des Motorradzubehörs gibt es hier (noch) nicht, scheint aber auch nicht notwendig zu sein. Bei einem unserer Spaziergänge hier in Lalitpur entdecken Albert und ich eine Lackierwerkstatt für Motorradteile. Die Kotflügel und andere Teile werden in mühevoller Handarbeit sorgfältigst geschliffen, grundiert und dann lackiert. Aktuell gibt es viel zu tun, da viele Motorradfahrer zum bevorstehenden Dashain-Fest mit frisch lackiertem Motorrad fahren wollen. Im Gespräch mit dem Werkstattleiter erfahren wir außerdem, dass der einzige Harleyfahrer Nepals der Prinz der ehemaligen Königsfamilie ist, ein echter ¨King of the road¨ im Ruhestand! Albert ist also in bester Gesellschaft.


























Spektakulär ist die Sicherheitsausstattung dieser Werkstatt und der davorliegenden Tankstelle.


Des öfteren sehen wir Waschplätze, an denen die Maschinen gründlichst per Hand vom allgegenwärtigen Staub gereinigt werden.


























Beim einem unserer Spaziergänge durch die Altstadt von Kathmandu entdecken Albert und ich diesen Laden, in dem in liebevoller Handarbeit die Nummernschilder gemalt werden. Auch bei gründlichster Inaugenscheinnahme konnten wir keinen Stempel, Siegel o.ä. entdecken. Gut für den Schildermaler: alle motorisierten Fahrzeuge benötigen zwei Kennzeichen, auch die Roller und Motorräder.














































































Dieses wunderschöne, handgemalte Nummernschild prangt am Kotflügel einer Enfield Bullet 350.
 
Nun eine andere Hinteransicht einer Enfield. Allerdings finde ich hier mehr das Reifenprofil bemerkenswert, mit dem dieser wagemutige Fahrer diese Straßen bezwingt. Ob das noch Straßen sind? Auf jeden Fall ist bemerkenswert, mit welchen Motorrädern (Enfield) und Motorrädchen (der Rest) die Leute hier fahren.
















































Das Gepäcksystem und die Sicherheitsausrüstung sind unbedingt beachtenswert, vor allem die
Schuhe! Werft auch mal einen Blick auf die Piste.


Mit Passagier geht es auch, dann eben im ersten Gang! Und das ganz schön flott!



























Nachhilfe mit den Füßen ist bei dieser Passage doch erlaubt, oder nicht?


Es folgen bei Gelegenheit noch Bilder von Zweiradfahrern beim Regen! Interessant, so viel kann ich nur schon mal andeuten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen